Basistext Karma

Nach buddhistischer Auffassung ist Karma nicht gleichbedeutend mit Schicksal, sondern die Grundlage zu persönlicher Freiheit und einem verantwortungsbewussten, sinnvollen Handeln.

Der Begriff „Karma“ bedeutet wörtlich übersetzt „Handlung, Tat oder Aktivität“ und bezieht sich auf das Gesetz von Ursache und Wirkung. Nach Buddhas Aussage sind weder ein Schöpfergott, eine Schicksalsmacht, noch eine äußere Ursache für unsere Erlebnisse verantwortlich. Frühere Taten, Worte und Gedanken wurden zu unserer heutigen Welt. Wir säen ständig die Samen für unsere Zukunft.

Die Erklärungen über Ursache und Wirkung bieten eine Grundlage sein Leben eigenverantwortlich und sinnvoll zu gestalten. Man lernt Zusammenhänge zu verstehen und wendet die Einsicht, dass man sich bewusst entscheiden kann, im Alltag an.

Nach Buddhas Aussagen entsteht die Erfahrung der Welt aus dem eigenen Geist.

Durch die „grundlegende Unwissenheit“ hält man die Vorstellung eines unabhängig existierenden „Ichs“ und einer davon getrennten äußeren Welt für wirklich. Man ist sich nicht bewusst, dass Worte, Gedanken und Handlungen zu entsprechenden Erfahrungen mit dem gleichen Gefühlsgehalt im eigenen Bewusstseinsstrom führen. Stattdessen erlebt man sich als getrennt von der einen umgebenden Welt und denkt, die eigenen Erfahrungen würden von außen verursacht. Das wird im Buddhismus die dualistische Sichtweise genannt. Die Folge dieser falschen Vorstellungen sind störende Gefühle und Leid bringende Handlungen.

Buddha erklärte, dass alles, was wir tun, denken und sagen, im Geist gespeichert wird und wie aus den im Geist gespeicherten Eindrücken, d.h. geistigen Gewohnheiten, nachfolgend Rede- und Handlungsmuster entstehen. Positive Handlungen bringen positive Resultate, negative Handlungen ergeben negative Resultate.

Das einfache Beispiel vom Samen zeigt, dass der Same sich in einen Keimling wandelt und die Frucht aufgrund der im Samen gespeicherten Information heranwächst und wiederum neue Samen bildet. Aus einem Apfelsamen wird ein Apfelbaum, wenn die erforderlichen Bedingungen wie Wärme, Nährstoffe und Feuchtigkeit in ausreichendem Maß zusammenkommen. Vergleichbar kommen karmische Ursachen unter entsprechenden Bedingungen als Wirkung zur Reife.

Weil die Wirkungen sich oft sogar in einem langen zeitlichen Abstand zeigen können, sind die Zusammenhänge von Ursache und Wirkung nicht immer auf Anhieb erkennbar. Karma kann sich über viele Lebenszeiten erstrecken. Nach dem Tod löst sich der Körper auf, nicht aber der Geist mit den in ihm gespeicherten Eindrücken. Der Bewusstseinsstrom geht von Geburt zu Geburt weiter, während man in jeder Lebenslage alte Eindrücke „verdaut“ und auflöst und neue Eindrücke in den Speicher des Geistes setzt. Es bilden sich starke Gewohnheitsmuster heraus. Es bleibt aber in der Regel ein gewisser Spielraum, um diese Gewohnheiten zu ändern. Ein gutes Verständnis von Karma bringt daher mehr Freiheit.

Nach Buddhas Aussage ist der karmische Eindruck am stärksten, wenn diese vier Bedingungen zusammenkommen. Dies gilt sowohl für positive als auch für negative Handlungen:

  • Man erfasst die Lage klar.
  • Man  wünscht, etwas zu verändern.
  • Man tut es oder lässt es durch andere tun.
  • Hinterher ist man mit dem Ergebnis zufrieden.

Wenn man sich dieser vier Faktoren bewusst ist, kann man gezielt die Wirkung positiver Handlungen verstärken.

Wenn man Leid bringend gehandelt hat, kann man auch entgegenwirken. Dies geschieht durch vier Stufen der Einstellung.

  • Man erkennt, dass man Leid gebracht hat.
  • Man wünscht, das Störende zu entfernen.
  • Man fasst den festen Entschluss, es nicht wieder zu tun.
  • Man handelt bewusst positiv.

Um die Bewusstheit zu trainieren, ist Meditation eine wichtige buddhistische Methode. Hierbei entfernt man die Samen für einengende und leidvolle Erfahrungen, die im eigenen Geist gespeichert sind, bevor diese zu Reife kommen. Man bekommt den nötigen Abstand zu Störgefühlen und gewinnt Klarheit. Meditation befreit auf diese Weise von zwanghafter und unbewusster Verstrickung und Verwirrung.

Versteht man diese Zusammenhänge, lässt man sich von schwierigen Situationen nicht entmutigen, sondern verwendet sie als Lernprozesse. Und man gewinnt die Einsicht, dass es sich jederzeit lohnt, positive Eindrücke in den Geist zu setzen, indem man gute Gewohnheiten entwickelt. Hierzu kann man sich bewusst entscheiden.