Lebensgeschichten buddhistischer Meister

Geschichten über buddhistische Meister werden erzählt, um bestimmte Aspekte der buddhistischen Lehre bzw. deren Umsetzung im Leben zu veranschaulichen. 

Insbesondere das Lehrer-Schüler-Verhältnis spielt eine wichtige Rolle, wenn es um die Ganzheit von Buddhas Übertragungen geht.

In allen buddhistischen Schulen und Richtungen gibt es hervorragende Meister, die starken Einfluss auf ihre Schüler, ihre Zeit und die Zeit danach hatten. „Nicht Ideologien verändern die Welt, sondern die Menschen“ wie es in einem Zitat heißt. So wird ein buddhistischer Lehrer auf bestimmte Weise immer ein Maßstab und eine Inspiration für den Teil der Lehre, den er vertritt.

Im Buddhismus werden viele Eigenschaften des Lehres genannt, die der Schüler nach und nach bei sich entwickeln wird. Spricht man z.B. über Geduld oder Respekt, so sollten diese Qualitäten auch durchgängig beim Meister erlebbar sein. Dadurch verlässt man die Ebene der Begrifflichkeit hin zu Erfahrungen, aus denen sich eigene Erkenntnisse entwickeln. Auf den verschiedenen Ebenen der buddhistischen Lehre spielen die Lehrer eine sehr unterschiedliche Rolle. Auf ihrer jeweiligen Verwirklichungsstufe spiegeln sie möglichst in jeder Situation übereinstimmend das wider, was sie lehren. Ist ein Meister in der Lage, diese Fähigkeiten ununterbrochen auszudrücken, wird seine Lebensgeschichte als Beispiel für die Entwicklungsmöglichkeiten erzählt, aufgeschrieben und weitergegeben.

Im Weg der Älteren (Theravada-Buddhismus) spielen Achtsamkeit, damit verbundenes sinnvolles Verhalten mit Körper, Rede und Geist, geistberuhigende Meditationen und tiefe Einsicht eine zentrale Rolle – der Lehrer handelt entsprechend auf sinnvolle Weise. Wie der Name „Ältere“ schon sagt, wirkt der Lehrer hier eher als erfahrener Ratgeber für seine Schüler. Im Großen Weg begeistern Lehrer hauptsächlich durch ihre Verwirklichung von Mitgefühl und Weisheit, während im Diamantweg Freude, Liebe, Furchtlosigkeit und Tatkraft beispielgebend sind – der Lehrer drückt also die Ganzheit der erleuchteten Qualitäten für den Schüler ununterbrochen aus. 

Vor allem im Tibetischen Buddhismus werden Lebensgeschichten von erleuchteten Meistern häufig erzählt. Das tibetische Wort für eine solche Biografie oder Hagiographie heißt „namthar“, in unsere Sprache übersetzt bedeutet es „tiefgründige Befreiung“. „Alles ist der Lehrer“ heißt es oft im Diamantweg, deshalb sind für die Schüler die Lebensgeschichten so wichtig. Durch sie erfährt er, welche Hindernisse der Meister bis zur vollkommenen Verwirklichung überwunden hat und welche besonderen Qualitäten er verwirklicht hat, um dadurch den Wesen bestmöglich helfen zu können.

Einige wenige Beispiele für bekannte Meister vieler buddhistischer Schulen aus Vergangenheit und Gegenwart sind (in alphabetischer Reihenfolge):

Atisha (980 – 1054), Bodhidharma (440 – 528), Garab Dorje (unklare Daten; lehrte als erster die Große Vollkommenheit, den Dzogchen), Gampopa (1079 – 1153), Hakuin Ekaku (1686 – 1769), Jamgön Mipham Rinpoche (1846 – 1912), Marpa (1012 – 1097), Milarepa (1052 – 1135), Obaku Kiun (gest. 850), Könchok Gyalpo (1034 – 1102), Kumārajīva (334 – 413), Lama Ole Nydahl (geb. 1941), Master Sheng Yen (1930 – 2009), Padmasambhava/Guru Rinpoche (8 Jhdt.),  Rangjung Rigpe Dorje = 16. Karmapa (1924 – 1981), Ryochu Nyory (1793 – 1868), Sakya Pandita (1182 – 1251), Shantideva (8. Jhdt.), Shítóu Xīqiān  (ca.700 – ca.790), Shunryu Suzuki (1905 – 1971), Takuan Soho (1573 – 1645), Tenzin Gyatso = 14. Dalai Lama (geb. 1935), Thich Nhat Hanh (1926 – 2022), Vimalamitra (8. Jhdt.), Wonhyo (617 – 686), Xuanzang (602 – 664), Yeshe Tsogyal (757 – 817).

Die Lebensgeschichte Milarepas